Ausbildung und Segeltörn zum BR-Schein und Sportbootführerschein "See"

A) Theoretischer Teil

Nachdem ich durch den Mitsegeltörn in der Karibik und die Segelausbildung zum A-Schein nun schon in Ansätzen vom Segelvirus befallen war, fiel die Entscheidung für den nächsten Schritt relativ leicht.

Um auch mit größeren Yachten umgehen zu können und auf das weite Wasser hinaus zu kommen musste die Ausbildung erweitert werden und nicht nur der entsprechende Führerschein, sondern die nötige Ausbildung und Qualifizierung her. Also stand für meine Frau und mich der Sportbootführerschein "See" und der "Segelschein BR" auf der Tagesordnung.

ADAC-Yachtschule Möhnesee Aufgrund von Empfehlungen sind wir schließlich bei der ADAC-Yachtschule Möhnesee gelandet, wo sich Udo und Karin Rahmann mit Marcel, Ernst und ihrer gesamten Truppe sehr viel Mühe mit der Ausbildung der Segel-Aspiranten machen. Auch hier war es nicht viel anders als beim A-Schein, und so mußten wir aufgrund des umfangreicheren Stoffes noch etwas intensiver lernen. ADAC-Yachtschule Möhnesee

Auch hier war der Theorieumfang wieder sehr komplex und es mußten zum Teil bekannte und zum Teil neue Kapitel wie Navigation, Schiffahrtsrecht, Internationale Kollisionsverhütungs-Regeln, Wetterkunde, Gezeitenkunde, Schiffstechnik und vieles mehr durchgepaukt werden, wobei die Themen nicht nur viel komplexer waren sondern sich auch von den Binnenregeln teilweise deutlich unterschieden.

Längen- u. Breitengrade Bei der Navigation fing es schon damit an, daß man sich erst einmal über die verschiedenen Karten-Bezugssysteme, Längen- und Breitengrade und die Bestimmung eines Standortes klar werden mußte. Für viele, die heute selbstverständlich mit dem GPS-Navigator umgehen scheinen die Grundbegriffe schon allmählich in Vergessenheit zu geraten.

Die von uns üblicherweise verwendeten Seekarten basieren auf dem World Geodetic System und legen damit die Bezugskoordinaten für eine einheitliche und gesicherte Navigation fest. Dieses System wurde zuletzt 1984 überarbeitet, weshalb das Bezugssystem "WGS84" heißt (Diese Einstellung ist z.B. auch im Setup der GPS-Geräte zu finden). Bei der Verwendung von Karten mit einem anderen Bezugssystem (z.B. British Admirality Charts) muß immer auf eine mögliche Differenz in den Positionsangaben bei Verwendung verschiedener Karten und der Angaben des GPS geachtet werden.

Kurs-Umrechnungen Verglichen mit dem, was wir nun in der BR-Ausbildung lernen mußten, war die Navigation beim Umrechnung einer Seitenpeilung "Binnenschein" wirklich einfach. Zuerst kamen die Grundbegriffe wie Kompaßkurs, Ablenkung des Kompasses (durch Eisenteile im Schiff), Mißweisung (aufgrund des unregelmäßigen Erdmagnetfeldes), Kurs durchs Wasser, Kurs über Grund, mißweisend Nord, rechtweisend Nord, Kompaßpeilungen und Seitenpeilungen zur Standlinienbestimmung, und alle die Begriffe, die für eine sichere Kursberechnung und Positionsbestimmung erforderlich sind (und die man immer wieder gerne durcheinander bringt). Dann fing die ganze Rechnerei (zum Eintragen des aktuellen Schiffskurses in die Seekarte bzw. zur Errechnung des Steuerkurses) nach dem folgenden Schema an:

    MgK
    Magnetkompaßkurs (Steuerkurs)
    ± Abl Ablenkung (des Steuerkompasses)
    = mwK mißweisender Kurs
    ± Mw Mißweisung aus Seekarte
    = rwK rechtweisender Kurs (= Kartenkurs ohne Beschickungen)
    ± BW Beschickung für Wind
    = KdW Kurs durchs Wasser
    ± BS Beschickung für Strom
    = KüG Kurs über Grund (= Kartenkurs incl. Beschickungen)

Diese Kursverwandlungen vom Kartenkurs in den zu steuernden Kurs und zurück hat uns Udo immer wieder eingebläut, bis die Kurse endlich stimmten. Hier kann man sich besonders leicht mit den Vorzeichen vertun und kommt natürlich sofort zu falschen Ergebnissen.

Verschiedene Tonnen Bei der Identifikation der vielen verschiedenen Seezeichen mit ihren möglichen Kennungen ging es dann richtig los: Fahrwassertonnen, Ansteuerungstonnen, Untiefentonnen, Gefahrenstellentonnen, Sperrzonen-Tonnen, Leitfeuer, Richtfeuer und diverse mehr mußten erst einmal unterschieden und verstanden werden. Daß nach dem in Europa gültigen Betonnungssystem "A" die roten Tonnen beim Einlaufen in einen Hafen an Backbord und die grünen Tonnen an Steuerbord stehen war uns ja noch aus dem A-Schein bakannt. Daß es aber Fahrwasser-Mittentonnen (rot-weiß) gibt und diese noch im Gleichtakt leuchten war schon die erste Neuigkeit.

Untiefentonnen N, S, W und O. Dann ging es ins Detail: Einzelgefahrentonnen sind schwarz-rot, Untiefentonnen N, S, W und E (hier schreibt man "East" statt "Ooost") sind schwarz-gelb in den verschiedensten Anordnungen und verschiedene Tonnen haben auch noch unterschiedliche Toppzeichen (Kegel, Ball etc.) und sind auch nachts unterschiedlich befeuert. Das ist zwar zur Identifikation und Unterscheidung alles sehr gut durchdacht und nützlich, will aber alles erst einmal verstanden sein.

Ein Teil der Kennungen... Die Kennungen muß man auch erst einmal studieren. Hier gibt es alle möglichen Varianten von Blitz-, Blink- und Gleichtaktfeuer, Long Flash, Unterbrochenem Feuer und dergleichen mehr. Die Grafik zeigt nur einen Ausschnitt aus den verschiedenen Möglichkeiten, die auch noch in verschiedenen Gruppen und Wiederholungen blitzen und blinken können. Theoretisch haben wir die ganzen Varianten natürlich gelernt, aber in der Praxis war es dann doch nicht so einfach, eine Kennung zu identifizieren (siehe unten: BR-Ausbildungstörn).

Drucksysteme und Isobaren-Linien Bei der Wetterkunde hatte ich wieder viel zum Aufarbeiten und zum Dazulernen. Obwohl ich die Wichtigkeit der Wetterkunde nach wie vor einsehe, habe ich doch so meine Schwierigkeiten mit dem Thema. Außerdem habe ich auf dem Atlantiktörn festgestellt, daß die Wetterinformationen offenbar nur von sehr allgemeiner Natur sind, denn die Vorhersage-Genauigkeit war dort nicht allzu groß. Natürlich haben wir wieder intensiv Frontensysteme und Wolkenformationen studiert, aber vielleicht muß ich zum Verständnis noch einmal ein Praxis-Seminar mitmachen. Gottlob bin ich bisher auf meinen verschiedenen Törns von richtig schwerem Wetter bisher verschont geblieben, so daß ich mit den Tiefdruckgebieten noch keine allzu schlechten Erfahrungen gemacht habe.

Frontenverlauf P.S.:Auf meinem zweiten Atlantiktörn habe ich etwas Neues und sehr Praktisches kennen gelernt. Der Skipper hatte einen Kurzwellen-SSB-Empfänger und ein Notebook mit der Software "JVComm32" (siehe unter "Links") an Bord. Damit waren wir selbst fernab jeglichen Handy- oder UKW-Empfangs in der Lage, Wetterfaxe live zu empfangen und unseren Kurs dem günstigsten Wind entsprechend einzurichten. Aber auch das ist nur ein (gutes) Mittel zum Zweck. Um die Interpretation der Wettersituation und die Einschätzung der eigenen Situation kommt man auch hier nicht herum.

Richtig Spaß gemacht hat dann wieder die Gezeitenkunde. Da wir als Nordsee-Anrainer direkt von den Gezeiten betroffen sind, ist es schon sehr interessant, mit Gezeitentafeln und Stromatlas zu arbeiten und auszurechnen, ob man zu einer bestimmten Stunde das schmale Fahrwasser nach Neuharlingersiel oder die engen Fahrrinnen im Wattenmeer noch befahren und den Hafen noch sicher erreichen kann. Auch bei diesem Thema fing es wieder mit den Definitionen an: Wassertiefe? (gelb=Land, grün= trocken gefallen Wassertiefe aus der Seekarte, Kartennull (KN) = Bezugswert, Nipp-Niedrigwasser (NpNW), Spring-Hochwasser (SpHW), Gezeitenkurven, Anschlußorte, Springverspätung, Zwölftel-Regel usw. waren Begriffe, die uns Udo mühsam beibringen mußte. Die Grundregel heißt immer: Aktuelle Wassertiefe = Kartentiefe + Höhe der Gezeit. Es war schon ein sehr neues und komplexes Thema, aber am Schluß waren wir jedenfalls sehr glücklich, wenn eine simulierte Törnplanung im Wattenmeer zufriedenstellend ausfiel und wir nicht aufgrund falscher Berechnungen "auf dem Trockenen" saßen.

Die Lichterführung war gegenüber den Binnenregeln noch um einiges interessanter. Zwar war auch dieser Teil zunächst einmal nur theoretisch und mit vielen Varianten zu erlernen. Tiefgangbehindertes Fahrzeug Beim Ausbildungstörn kam uns dann aber ein "richtig dicker Pott" mit einem buten Lichterbaum unter der Fehmarnsund-Brücke entgegen, der aufgrund seines Tiefganges auf das Hauptfahrwasser angewiesen und damit Tiefgang-behindert war. Durch die Lichterführung (bzw. die Tagzeichen mit Kegeln und Rauten) kann man schon auf größere Entfernung abschätzen, was einem da entgegen kommt und man ist als kleiner Sportbootfahrer schon glücklich, wenn man die Situation rechtzeitig erkennt und richtig einschätzen kann. Natürlich gibt es auch hier, wie beim Binnenschiffsverkehr, die vielfältigsten Kombinationen und Anordnungen von Lichtern (und natürlich entsprechend von Tagzeichen).

Zu den Regeln, die wir bereits beim "Binnenschein" gelernt hatten kamen nun noch einige neue Vorschriften hinzu und wir mußten uns ebenfalls mit den Kollisionsverhütungs-Regeln und dem Seerecht befassen (Ich muß allerdings zugeben, daß ich heute mangels Übung nur noch die wichtigsten Regeln im Kopf habe).
Auf den dt. Küstengewässern, d.h. in der 12sm-Zone gelten drei Verkehrsordnungen:
- Die internationalen Kollisionsverhütungsregeln
- Die Seeschiffahrtsstraßen-Ordnung, und die
- Die Schiffahrtsordnung Emsmündung

Verkehrstrennungsgebiet im Hauptfahrwasser Der Verkehr in den stark befahrenen Seestraßen wird oftmals durch ein Verkehrstrennungsgebiet in autobahn-ähnlicher Weise geregelt. Hier gibt es wie dort die Hauptfahrwege in jeder Richtung und einen Trennstreifen, der nicht befahren werden darf. Durch diese Trennung soll die Sicherheit der Ausschnitt aus der Karte INT1 Schiffahrt gewährleistet werden. Natürlich haben auch diese VTG's für die Sportbootfahrer wichtige Beschränkungen. So darf -wenn das VTG überhaupt benutzt werden muß- nur in Richtung des Fahrwassers ganz außen gefahren werden. Ein Kreuzen des VTG's darf nur im rechten Winkel und unter Beachtung der Berufsschiffahrt erfolgen usw. Natürlich gelten auch hier bezüglich der Navigation und der Fahrt diverse Vorschriften. Der Ausschnitt aus der Karte 1 (INT 1) vermittelt nur einen kleinen Eindruck über die Art und Anzahl der verschiedenen navigatorischen Zeichen.

Die Segeltechnik und die Schiffsführung einer Segelyacht kamen natürlich im Unterricht auch nicht zu kurz. So wurde noch intensiver als im A-Schein über Gewichts-Schwerpunkt, Segeldruckpunkt, Segeltrimm, Rumpfgeschwindigkeit, Luvgierigkeit, Leegierigkeit etc. diskutiert und das Verhalten des Schiffes und die Reaktionen durch den Steuermann bzw. die Steuerfrau besprochen. Außerdem haben wir, wenn auch zuerst nur theoretisch, als neues Manöver das "Eindampfen in die Vorspring" kennen gelernt. Der Radeffekt Dieses Manäver ist sehr hilfreich, wenn man z.B. längsseits an der Kaimauer liegt und vorne und hinten der Platz zum "normalen" Ablegen nicht reicht. Eine unangenehme Eigenschaft von Kielyachten wurde hier ebenfalls bereits angesprochen. Der Radeffekt zieht ein Schiff bei Rückwärtsfahrt zuerst mit dem Heck zur Seite, bevor das Schiff Fahrt aufnimmt und die Ruderwirkung einsetzt. Dies muß beim Manövrieren -insbesondere bei größerer Enge- bedacht werden, um unangenehme Situationen oder sogar Berührungen mit Hafenanlagen oder Nachbarschiffen zu vermeiden.

Beim theoretischen Unterricht haben wir jedoch dankbar zur Kenntnis genommen, daß es im Vergleich zum Binnenverkehr deutlich weniger Verkehrszeichen gibt. Dafür ist die nautische Literatur wesentlich umfangreicher. Hier gibt es neben den Seekarten noch die Seehandbücher, die Gezeitentafeln, das Leuchtfeuerverzeichnis, den nautischen Funkdienst, die Nachrichten für Seefahrer, verschiedene Hafenhandbücher usw. Die oben bereits erwähnte Karte INT1 enthält die Beschreibung und Erklärung aller Zeichen und Abkürzungen, die in den Seekarten verwendet werden. Diese Karte ist zur Identifikation von einzelnen Zeichen und Abkürzungen in einer Seekarte sehr hilfreich.

Webeleinstek Die gesamte Theorie konnten wir im Winterhalbjahr büffeln, als es aufgrund des Wetters mit dem Segeln sowieso nicht klappte. Der Unterricht fand im ADAC-Zentrum in Dortmund statt, so daß sich der zeitliche Aufwand in Grenzen hielt. Nachdem wir also meherere Male zum Unterricht erschienen, einiges gelernt und wild entschlossen waren, das Gelernte auch später in einer Prüfung nachzuweisen, kümmerte sich Karin um die Anmeldetüten und die erforderlichen persönlichen Unterlagen für den Deutschen Seglerverband. Natürlich sind auch hier wieder entsprechende Prüfungsgebühren zu entrichten. Fairerweise muß man allerdings dazusagen, daß die Prüfer des DSV viel persönliches Engagement mitbringen und Freizeit für den DSV opfern, wobei z.B. für die Prüfungstage nur Reisespesen bezahlt werden.

Die Theorieprüfung für den Sportbootführerschein "See" und den Segelführerschein "BR" wurde von den Prüfern des DSV am Möhnesee abgenommen. Da die Schulungsräume der Segelschule nicht ausreichten, mußte zusätzlich in ein Restaurant am Möhnesee ausgewichen werden. Hier kam nun eine große Anzahl Prüflinge aus verschiedenen Kursen, die den ganzen Winter über fleißig geübt und gelernt hatten zusammen, um sich lange nach der Schulzeit wieder einmal einer Prüfung zu unterziehen. Die Atmosphäre war entsprechend und bald saßen wir alle in den Bänken mit je einem leeren Platz dazwischen und mancher schaute gelegentlich doch sehr nachdenklich und fragend aus dem Fenster oder an die Decke. Aber auch diese Prüfung ging vorbei und am Ende konnten sich Udo und Karin mit den erfolgreichen Prüflingen über die erste bestandene Hürde freuen.

B) Praktischer Teil: Sportbootführerschein "See"

Eine Ausbildungsbarkasse Ebenso ausführlich wie in der Theorieausbildung hat uns Udo immer wieder auf dem Schiff 'rangenommen, bis die praktische Schiffsführung, Manöver, Lichterführung, Vorfahrtsregeln und alle anderen Themen für die Prüfung richtig fest saßen. Bei der Motorbootausbildung haben wir dank der Geduld von Ernst und Udo immer wieder Runden mit der Barkasse für alle möglichen Manöver im Kanalhafen in Rünthe gedreht, bis das An- und Ablegen und die immer wieder geübten Mann über Bord-Manöver einschl. der Kommandos einigermaßen saßen. Ein Schiff selbst zu fahren und die Manöver, die man sonst vielleicht von Ausflugsdampfern oder ähnlichen Schiffen her kennt sicher zu beherrschen ist doch nicht ganz so einfach, wie es gelegentlich von außen aussieht. So haben wir einige Stunden auf dem Schiff verbracht und versucht, die dicken Fender nicht zu sehr zu strapazieren.

So wichtig und notwendig der Sportbootführerschein auch ist, mit dem eigentlich angepeilten Ziel "Segeln" hatte auch das nur vorbereitungshalber zu tun. Aber der Sportbootführerschein ist nur mal Vorschrift, wenn man sicher navigieren, manövrieren und unter Maschine fahren will.

SBF SEE Der Prüfungstag für den Sportbootführerschein "See" war ein leicht nebliger Samstagmorgen im Januar 1997, der wieder dieses beklemmende Gefühl im Magen provozierte was man immer bei Prüfungen hat, auch wenn sie nicht unbedingt lebensnotwendig sind. Aufgrund der vielen Prüflinge musste alles recht zügig gehen und so konnte ich als erster nach Ablegen von der Hafenmauer und dem Vorfahren einiger Manöver schon bald den begehrten Führerschein in Empfang nehmen.

C) Praktischer Teil: Segeltörn und Prüfung "BR-Schein"

 Janneau SunFizz42, CHAKA2 Richtig los zum Segeln ging es erst im Oktober 1996, als das Einschiffen zum BR-Ausbildungstörn in Heiligenhafen anstand. Da stand ich nun mit Sack und Pack, Schlafsack und Ölzeug, zusammen mit meiner Frau und weiteren hoffnungsvollen Kandidatinnen und Kandidaten und durfte mich zum ersten mal auf einer richtigen Segelyacht bewegen und mich auf dem Schiff umsehen. Danach fogte eine richtige Schiffseinweisung, so daß jeder die Schiffstechnik Ein kleiner Teil der Verpflegung begriff und sich mit den wichtigsten Dingen wie Seeventilen, Navigationsecke und instrumente, Kojen, Pantry, Segelführung, Stagen, Wanten und Schoten vertraut machen konnte. Anschließend wurde der jeweils mitgebrachte Proviant (in fester und flüssiger Form) an Bord gebracht und sortiert, bis am Ende des Tages alle Personen untergebracht und das Gepäck und der Proviant richtig und wieder auffindbar verstaut Erste Erfahrungen beim Kochen waren. Natürlich haben wir später bei dem Törn auch die ersten Erfahrungen mit dem Kochen, Essen und Spülen an Bord gemacht. Irgendwie erinnerte mich das trotz der angenehmen und wohnlichen Atmosphäre unter Deck durch den z.T. mit Holz verkleideten Salon an Camping. Besonders gemütlich war es natürlich erst nach dem Abwaschen und Aufräumen, wenn man sich in den Salon setzen, noch etwas (vom Segeln und anderen Dingen) plaudern und dabei ein schönes, kühles Bier oder ein Gläschen Wein trinken konnte.

Nachdem nun alle richtig heiß auf's Segeln waren hat Ernst mit uns gleich am ersten Abend noch einen kurzen Schnuppertörn in der Dämmerung gestartet. Der erste Schlag ins Ungewisse Also bei klarem Himmel die Maschine an, ablegen aus der Box (natürlich noch nicht wir, sondern der Skipper), aus dem Hafen motoren, Segel setzen (Wie war das noch: erst die Dirk oder erst das Großfall?) und dann ging das Raten los: Um welche Tonne müssen wir denn nun herum und was blitzt, blinkt und funkelt denn da, wie oft und wie lange und überhaupt? Peilen, zählen, identifizieren, die Position in der Karte gesucht, und am Ende doch die falsche Tonne ausgemacht, weil der Bezug zwischen Karte und Realität einfach noch nicht funktionierte.

Ernst ist unermüdlich Jedenfalls war der erste Abend schon sehr interessant und gab genügend Diskussionsstoff für die Aufgaben der nächsten Tage. Die hat uns Ernst wirklich mit Aufgaben vollgepackt, bis jeder auch tatsächlich die Navigation und die Schiffsführung im Griff hatte und alle Manöver oft genug bis zu seiner Zufriedenheit gefahren hatte. Im Laufe der Woche sind wir von Heiligenhafen durch den Die Boje geht wieder über Bord Fehmarnsund nach Neustadt, weiter nach Travemünde, Wismar und zurück nach Heiligenhafen gesegelt. Die Tage waren reichlich angefüllt mit allen Arten von Manövern in den Häfen und auf See, bis der Ausbilder jeden Aspiranten genügend Aufgaben hatte durchführen lassen. Immer, wenn man gerade eine Wende oder Halse erfolgreich und ordentlich absolviert hatte und sich ob des Gelingens zufrieden fühlte, kam schon wieder völlig unverhofft der Ruf "Boje über Bord". Also hieß es für den amtierenden Rudergänger wieder die berühmte Q-Wende einzuleiten, einen Ausguck zu bestimmen und die Schoten für Großsegel und Genua bedienen zu lassen und natürlich parallel die korrekten Kommandos zu geben, bis die ganze Prozedur durchgeführt war, das Schiff neben der Boje (im Ernstfall natürlich neben einer Person) möglichst zum Stehen gekommen war und die Boje wieder aufgenommen werden konnte.

Manövertraining Der Törn, bei dem wir jeden Abend in einen neuen und unbekannten Hafen einliefen war schon sehr interessant und hat uns -insbesondere bei Dunkelheit in Wismar einlaufend- schon ganz schön beschäftigt. Besonders interessant war auch die Navigation, da ja niemand von uns den "Weg" kannte und wir uns die Route in ein neues Seegebiet oder einen neune Hafen richtig erarbeiten mußten. Dabei "verunsicherte" uns der Skipper mit seinen Fragen immer wieder, bis er genau wusste, dass wir uns unserer Sache auch wirklich sicher waren.

Die gemeinsamen Abende waren sowohl an Bord als auch bei einem abendlichen Bummel in dem jeweiligen Städtchen sehr gemütlich, so dass auf diesem Törn das erste echte "Segelgefühl" aufkam. Müde nach des Tages Arbeit Hier haben wir auch gelernt an Bord zu kochen, die Mannschaft mit warmem Essen zu versorgen und alle Verrichtungen des täglichen Lebens in der Enge und Eingeschränktheit des Schiffes zu erledigen. Natürlich war das Leben auf dem Schiff mit der vielen körperlichen Bewegung an der frischen Luft für die meisten Büromenschen auch etwas ungewohnt, so daß sich durchaus zur Entspannung auch mal ein Nickerchen einschieben ließ. Zur guten Stimmung und Kameradschaft an Bord hat sicher neben dem Humor, der Geduld und der Erfahrung des Skippers auch die Zuammensetzung der Mannschaft eine Rolle gespielt. Wir haben miteinander viel Spaß gehabt, so daß auch ein nicht ganz perfektes Manöver die gute Stimmung nicht trüben konnte.

Beiliegen zum Mittagessen Natürlich hat uns Ernst neben der Schiffsführung und der Navigation auch die praktische Seemannschaft näher gebracht und üben lassen. So wurden natürlich auch die Knoten 'mal wieder geübt und ein Aufspleiß angefertigt. Dafür konnten wir z.B. in einer Mittagspause auch 'mal das "Beiliegen" üben und im Cockpit einen Imbiß essen. Natürlich wurde auch hier vor und nach der Pause die Position (natürlich ohne GPS, sondern durch Kreuzpeilungen) bestimmt, um die Abdrift während des Beiliegens feststellen zu können.

Jeder darf bzw. muß mal 'ran Unvermeidlicherweise kam auch hier wieder der Tag der Prüfung, aber Ernst und Udo haben uns am Vortag noch einmal richtig in der Praxis 'rangenommen, damit wir am Samstagmorgen unter den kritischen Fragen und Anweisungen des Prüfers auch bestehen konnten. Während ich aus der Box manövrieren und Kurs Richtung Hafenausfahrt aufnehmen durfte, sortierte der Prüfer unter Deck noch seine Unterlagen. Bald darauf erschien er aber im Cockpit und stellte die ersten Fragen. Nachdem diese wohl einigermaßen zu seiner Zufriedenheit ausgefallen waren, ließ er mich noch ein oder zwei Manöver fahren, um mich dann ohne weiteren Kommentar durch den nächsten Prüfling ablösen zu lassen. Also mußten wir uns alle bis zum Ende der Prüfungen gedulden und auf die Ergebnisse warten. Die Crew nach der bestandenen Prüfung Der Erfolg der Mühe war nach der unvermeidlichen Nervosität bei einer Prüfung und der Magenbeklemmung, die einen immer wieder beschleicht ein freundlicher Händedruck, die Aushändigung des "Segelführerscheins BR" und das Gefühl, dem wirklichen Ziel "Segeln" dieses mal ein größeres Stück näher gekommen zu sein. Nach dem Zusammenpacken der persönlichen Sachen und dem Aufräumen des Schiffes blieb dann vor der Heimfahrt nur noch das Gruppenfoto zum Abschluß des Törns. Bei allen Mitseglern bzw. Prüflingen zeigte sich jedenfalls die Zufriedenheit mit dem Gelingen des Törns und die Erleichterung über das erfolgreiche Absolvieren der Prüfung. Natürlich waren auch die Ausbilder zufrieden mit dem Erfolg ihres theoretischen und praktischen Unterrichts und dem guten Abschneiden ihrer Prüflinge.

Aber wie das so ist: wenn man den Autoführerschein bestanden hat kann man noch lange nicht sicher fahren und so kam auch hier nach einiger Zeit die Überlegung, wo und mit wem ich wohl am besten mitsegeln sollte, um Spaß am Segeln und mehr Praxis zu bekommen und andere Schiffe, Skipper und Reviere kennen zu lernen.

Siehe Fortsetzung in den folgenden Berichten.


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