Überführungstörn 1 (Workum/Ijsselmeer - Marina Wendtorf/Ostsee, Mai '02)

Die nächste Chance, außer den Himmelfahrts- und Wochenendtörns etwas interessanteres zu machen ergab sich, als unser Bekannter Hermann einige Mitsegler zum Überführen seines Schiffes suchte. Der Törn vom Ijsselmeer bis in die Kieler Förde versprach wieder reichlich Abwechslung.

Mitte Mai 2002 ging es dann los: Vom Ijsselmeer zuerst durch den Abschlussdeich bei Kornwerderzand ins Wattenmeer nach Vlieland. Hier mussten wir wegen der Tide noch einmal übernachten.

Am nächsten Morgen ging es dann bereits früh um 5.00 Uhr los. In der Morgendämmerung aus Vlieland ausgelaufen, zwischen den Inseln durch und in die Nordsee und dort in der Küstenverkehrszone entlang des Verkehrstrennungsgebietes. Hier ging es dann entlang der west- und ostfriesischen Inseln (heißt: entlang der holländischen und deutschen Nordseeinseln) immer nach Osten und einschließlich eines Nachttörns in einem langen Schlag direkt bis Cuxhaven, wo wir wegen des günstigen Windes bereits in den frühen Morgenstunden und damit deutlich früher als geplant ankamen. Der Nachttörn hat mir weniger wegen der "Überstunden" aber wegen der sehr interessanten Navigation bei Nacht wieder viel Spaß gemacht. Total irritiert war ich allerdings einmal, als ich auf Steuerbord die merkwürdige Lichterkombination "Rot über Grün" sah. Aufgrund meiner Ausbildung und der bisherigen Erfahrungen konnte ich mich z.B. an "Grün über Weiß" (trawlender Fischer, z.B. mit Schleppnetz) oder "Rot über Weiß" (Treibnetzfischer) erinnern, aber "Rot über Grün" war mir bis dato völlig unbekannt. Auch ein Segler braucht mal 'ne Pause Nach langem Suchen und Forschen in der Seekarte entpuppte sich die Lösung (wie fast immer) als sehr einfach, wenn man nur weit genug schaut: Das grüne Licht war die Kennung einer Fahrwassertonne, die einigermaßen weit entfernt stand und wir deshalb unsere Position gegenüber der Tonne nur kaum merklich veränderten. Das rote (und höhere) Licht war das Feuer des Leuchtturmes Norderney, der zur Seeseite hin zur Warnung der Schifffahrt rot zeigt. Wegen der noch weit größeren Entfernung paßten zufälligerweise die Höhen und Lichtintensitäten einigermaßen zueinander, so daß es zuerst zu der erwähnten Irritation kam. Nach Auflösung dieses Rätsels mußte der Navigator erst mal eine kurze Pause einlegen (siehe Bild).

Die Number One in Cuxhafen Direkt nach der Ankunft in Cuxhaven nach Brunsbüttel weiter zu segeln war wegen der gegenläufigen Strömung völlig nutzlos. Also haben wir uns im Sportboothafen eine ruhige Box gesucht und erst einmal in Ruhe gefrühstückt. Dann gab es einige Stunden Pause, in der die Crew erst einmal den versäumten Schlaf -wenigstens anteilig- nachholen konnte. Nach einigen Stunden Erholung konnten wir uns dann ausgiebig in den sauberen Sanitäranlagen des Yachtclubs frisch machen und noch etwas durch die Stadt und den Hafen bummeln, bis am frühen Nachmittag der Strom wieder einlief und damit der richtige Zeitpunkt für die Weiterfahrt gegeben war.

Bei Windstärke 6, in Böen 7 sind wir mit 8 Knoten auf der Logge und 9,5 Knoten über Grund die Elbe hochgerauscht, so dass wir schon bald die Schleuseneinfahrt von Brunsbüttel voraus hatten. Wir waren zwar alle mit den Bedingungen des Nord-Ostsee-Kanals noch nicht detailliert vertraut, die Signalisierung an der Schleuseneinfahrt und im Kanal selbst erwies sich dann jedoch als unproblematisch. Das Studium der Seekarte mit den Erläuterungen zum Ein- und Befahren in den Nord-Ostsee-Kanals liest sich in der Theorie schwieriger, als es in der Praxis ist. Die Wartezone für Sportboote vor der Einfahrt in den Vorhafen ist in der Seekarte deutlich eingezeichnet. Hier ist man meistens auch schon in der Gesellschaft von mehreren Yachten, die alle dasselbe vorhaben. Von dort aus kann man den großen Signalmast mit den breiten Armen und der Lichterführung sehr gut erkennen. Wenn dort ein weißes, unterbrochenes Licht gezeigt wird, ist die Einfahrt in den Vorhafen auf der entsprechenden Seite für Sportboote freigegeben. Dort legt man sich noch für kurze Zeit an die Warteschlengel, bis sich die Schleusentore öffen und die Signalisierung die Einfahrt für die Boote freigibt. Ein riesiger Autotransporter in der Hauptschleuse Das Schleusen selbst ist völlig unproblematisch, weil man das Schiff an Schwimmpontons (dicke, schwimmende Holzbohlen) festmacht, die an Ketten an der Schleusenwand geführt werden. Damit hat man beim Auf- und Abschleusen keinerlei Prombleme mit der Führung der Leinen. Nachdem auch die Prozedur der Schleusung einige Zeit gedauert hat, haben wir den Tag bereits im Sportboothafen Brunsbüttel beendet, zumal die komplette Befahrung des Kanals sowieso einen ganzen Tag dauert und von Sportschiffen nicht bei Nacht befahren werden darf.

Die Kanalfahrt selbst war nicht sonderlich spektakulär. Mangels Wind konnten wir keine Stützsegel setzen und so haben wir die fast 100 km alleine unter Maschine zurückgelegt. Natürlich war auch hier die Fahrt sehr abwechslungseich, zwischen flachem Land (bei dem es von Land her so aussieht, als wenn die dicken Pötte über den Acker fahren würden) über bewaldete Abschnitte, entlang an schönen Städtchen und Dörfern, unter der hohen Eisenbahnbrücke von Rendsburg mit der Schwebefähre, der Autobahnbrücke Hamburg-Flensburg bis zur Ansteuerung Kiel. Verpflegt wurden wir natürlich wieder bestens weil der Skipper in einem Anflug von Arbeitswut Reibekuchen für die ganze Mannschaft gebacken hat. Mangels besserer Fertigkeiten beschränkte sich mein Anteil an dieser Aktion auf das gemeinsame Kartoffelschälen mit Rudi und Peter. Geschmeckt haben die Reibekuchen jedenfalls vorzüglich, zumal sie mit einem Bier veredelt und mit einem abschließenden Fernet begossen wurden.

Überlegen und Pläne schmieden. Wärend der weiteren Fahrt haben wir dann schon wieder Pläne geschmiedet und Seekarten für die weitere Fahrt und die Ostsee studiert.

Kurz vor der Schleuse in Kiel-Holtenau gab es noch eine kleine Überraschung, Die MS Astor als uns hinter einer Biegung plötzlich ein riesiger Luxusdampfer entgegen kam. Die Passagiere der MS ASTOR waren über die vorbeizuckelnden Sportboote amüsiert, wie wir über die Größe des Dampfers überrascht waren. Jedenfalls haben wir "Seeleute" den Passagieren freundlich zugewinkt, was diese ebenso freundlich erwiderten.

Das Ausschleusen in Kiel war wiederum wenig spektakulär, so dass wir schon kurze Zeit später in der Kieler Förde wieder Segel setzen konnten. Da der Zieleinlauf des Volvo Ocean Race mit der Illbruck an der Spitze kurz bevor stand, wollten wir es doch nicht verpassen, einen Blick auf die Blücherbrücke und den Kieler Yachtclub zu werfen. Hier waren die Vorbereitungsarbeiten und Aufbauten -natürlich auch für die Kieler Woche- schon in vollem Gange.

Da die Zeit schon etwas fortgeschritten war haben wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Hafen gemacht. Nachdem wir noch die MS BERLIN (leider im Gegenlicht) auf ihrem Weg aus der Kieler Förde passiert hatten lagen wir kurz darauf im Yachthafen Laboe. Hier bekamen wir einen Liegeplatz direkt neben einem Schiff, auf dem bereits fröhlich Schifferklavier gespielt wurde. Der schöne, warme Sommerabend, die Getränke und die Musik trugen sehr schnell zu einer gemütlichen Stimmung bei. Die musikalischen Darbietungen und die Gesangs-Soli wurden zu fortgeschrittener Stunde immer lustiger und so haben wir bei Musik und Gesang noch einige schöne Stunden im Kreise der Freizeitskipper verbracht (Da die Nachbarschiffe noch bis zu später Stunde gut besetzt waren und sich niemand über ruhestörenden Lärm beklagt hat gehe ich davon aus, dass die Unterhaltungsaktivitäten wenn auch nicht ausdrücklich gewünscht so doch wenigstens erträglich waren und geduldet wurden).

Gruppenfoto vor der Heimfahrt Am Sonntag, dem letzten geplanten Tag unserer Reise blieb dann nur noch der kurze Schlag nach Strande zum tanken und dann wieder quer über die Förde nach Marina Wendtorf, wo das Schiff für einige Sommerwochen einen neuen Liegeplatz bekam. Mit der dann doch relativ langen Rückfahrt über die vollen Autobahnen war die Überführungsfahrt zu Ende und wir wieder um einige schöne Erfahrungen und einige schöne Segeltage reicher.


Zurück zum Abschnitt Zurück zur Startseite